Frisch gepresst - mit Jen Cloher, Die Sterne & slowthai
Neue Alben bei FluxFM
Jen Cloher - I Am The River, The River Is Me
Bei den verheerenden Buschfeuern in Australien 2019 bzw. 2020 kommen etwa eine MILLIARDE Lebewesen ums Leben - und das sind vorsichtige Schätzungen. Jen Cloher beschäftigt dieser disruptive Einschnitt in die Ökologie eines gesamten Kontinents - ihrer Heimat - bis heute. I Am The River, The River Is Me - so der Titel ihres fünften Albums - ist einem Sprichwort der Maori entnommen.
Und eben weil dieses Album einen ganz besonderen Hang zur Natur und den Menschen in Australien hat, verwundert es kaum wie selbstverständlich sie die Sprache der Maori in die Songs einbettet.
Die Songs haben sich so entwickelt, wie sie sich entwickeln wollten - egal ob das die Länge oder Stilrichtung betrifft. Kein Gehetze, keine Radiohooks nach 25 Sekunden - fast wirkt es so, als ob sich I Am The River, The River Is Me im Schreibprozess selbst zu einem lebenden Organismus entwickelt hat, der von Pop bis Shoegaze alles sein kann, darf und soll.
Die Sterne - Wichtig
Anfang der 90er braut sich in Hamburg etwas zusammen. Dank Bands wie Blumfeld, Tocotronic oder den Goldenen Zitronen wird die Hansestadt zum Mekka des deutschen Indie. Mittendrin ist damals auch ein gewisser Frank Spilker, der sich 1992 mit seiner Band Die Sterne im Studio befindet, um das heißerwartete Debütalbum Wichtig aufzunehmen.
Man ist wahnsinnig aufgeregt, alles erscheint super wichtig und könnte über Erfolg und Misserfolg entscheiden. In Mühlheim an der Ruhr, nicht in Hamburg, entstehen 14 Songs, die an die erfolgreiche Debüt-EP Fickt das System anknüpfen sollen.
1993 erscheint es dann. Wichtig – das Debüt der Sterne. Die Musikpresse zeigt sich begeistert. Die Aufregung, der ganze Stress im Studio, das wichtig-nehmen - es hat sich gelohnt. Eine brodelnde Mischung aus Ton, Steine Scherben, Funk und Soul und ja … irgendwie auch Hip-Hop. Wichtig legt den Grundstein für über 30 Jahre Karriere und klingt auch heute noch unglaublich frisch und aufregend.
slowthai - UGLY
Weil Tyron Frampton langsam spricht, nennen ihn die anderen Kinder "Slow Ty". Als Erwachsener kehrt er das Image um - und wird zum gepriesenen Grime-Rapper. Den Namen behält er bei, doch das Schneckentempo ist passé.
Auf seiner dritten Platte UGLY reflektiert der Londoner spuckend, schreiend und schluchzend über Angst und Ruhm. Aus seiner maßgeschneiderten Nische zwischen Rap und Rock heraus identifiziert er treffsicher das Politische im Persönlichen und das Hässliche in einer auf Oberflächlichkeit getrimmten Welt.
Ab und zu rastet slowthai. Dann blitzt auf Tracks wie der weichen, verzweifelten Ballade Tourniquet wieder verschlafen der Junge von früher hervor.
UGLY ist rifflastiger als seine Vorgänger. Attribute wie rotzig, dreckig oder kantig drängen sich beim Hören unweigerlich auf - und könnten doch deplatzierter nicht sein. Denn UGLY ist ein rauer, aber sehr feinsinniger Geniestreich - und im übrigen ein Akronym für "U Gotta Love Yourself". Besser beschreibt wohl nichts den Dualismus dieser Platte.