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Der kleine Berliner Straßenführer

Rahel-Hirsch-Straße

16.12.2022

16.01.2023 Diona Bathily

Der Zug hat Verspätung. Klassiker. Im Hauptbahnhof herumzustehen bringt auch nichts. Ich schnapp mir ein Käffchen und geh mal. Der Ausblick auf das Regierungsviertel ist schon schick. Wie heißt die Straße hier eigentlich? Rahel-Hirsch-Straße. Wer ist denn das?

1899 dürfen im deutschen Kaiserreich nur Männer Medizin studieren. Das hält Rahel Hirsch nicht auf. Sie fühlt sich als Lehrerin nicht ausgelastet und möchte Ärztin werden. Für ihren Traum wandert sie nach Zürich aus. Währenddessen ändern sich die Gesetze im deutschen Kaiserreich, Hirsch kommt zurück, beendet ihr Studium und promoviert. Die Charité stellt sie als Assistenzärztin ein – als 2. Frau in der Geschichte der Klinik. Jedoch ohne Gehalt. Hirsch investiert ihre ganze Zeit in die Forschung. Ihr Fable: Der Dünndarm. Ihre Kompetenz macht sie zur Leiterin der Poliklinik und später zur ersten Medizinprofessorin Preußens. Es kommt der Punkt, an dem Rahel ihre Position genommen wird. Der Grund: Sie ist eine Frau und Jüdin. Deshalb eröffnet ihre eigene Praxis – mit Erfolg. Doch Hass und Verfolgungen verstärken sich. 1938 flieht sie nach London, wo sie nicht mehr als Ärztin praktizieren darf. Die Exilsituation macht ihr schwer zu schaffen. Sie erkrankt psychisch und stirbt im Alter von 83 Jahren.

Krass. Das nenne ich mal Willensstärke. Rahel Hirsch hatte echt was auf dem Kasten. Fast schon komisch, dass ich davor noch nichts von ihr gehört hab.

Im Radio: 16. Dezember 2022