Arielle, die Meerjungfrau, © Disney
Halle Bailey verkörpert Meerjungfrau Arielle und leiht ihr ihre Stimme. Disney

Arielle, die Meerjungfrau - Filmkritik zum Musical unter dem Meer | Breitbild

Real-Verfilmung des Zeichentrick-Klassiker startet im Kino

25.05.2023 Ron Stoklas

Die Schöne und das Biest, Aladdin und Dumbo – nur ein paar Beispiele für Zeichentrick-Klassiker, denen Walt Disney Pictures in den vergangenen Jahren eine Realverfilmung spendiert hat. Das nächste Remake führt in die Tiefen der Meere: Arielle, die Meerjungfrau startet in den Kinos! Ob sich die Neuauflage des Films aus dem Jahr 1989 lohnt, weiß unser Filmexperte Ron Stoklas. Er hat zudem mit dem Regisseur und dem Komponisten des Films gesprochen.

Das Filmgespräch zu Arielle, die Meerjungfrau vom 25.5.2023 zu Anhören
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Arielle - eine Neuverfilmung mit bekannter Geschichte

Grundsätzlich hat sich nicht viel an der klassischen Geschichte der kleinen Meerjungfrau verändern. Im Meer gibt es das Königreich des Meervolkes zu dem Arielle (Halle Bailey) gehört. Sie ist die Tochter von König Triton (Javier Bardem). Auf das Prinzessinnen-Leben hat sie aber keine Lust. Sie ist abenteuerlustig und sammelt verbotenerweise Gegenstände der Menschen. Während einem Sturm rettet sie den Prinzen Eric (Jonah Hauer-King) vor dem Ertrinken.

Triton: "Du hast die Regeln gebrochen. Du warst an der Oberfläche!"
Arielle: "Ein Mann wäre fast ertrunken. Ich musste ihm helfen."
Triton: "Deine Besessenheit von den Menschen muss aufhören."
Arielle: "Ich will doch nur mehr über sie wissen."

Es ist eine Begegnung mit Folgen. Beide verlieben sich ineinander. Sie sich ihn, den Menschen, er sich in ihre zauberhafte Stimme. Für ihren Traum von der gemeinsamen Zukunft ist Arielle bereit, das Leben im Meer hinter sich zu lassen. Dafür geht sie einen Deal mit der Meereshexe Ursula (Melissa McCarthy) ein. Im Austausch für ihre Stimme verwandelt diese sie per Magie in einen Menschen. Ein problematischer Tausch, weil der Geliebte sich nur an eben jene Stimme erinnern kann.

Trotz FSK-Freigabe ab 6 Jahren: Arielle ist düsterer als 1989

Im Fall der Meerjungfrau-Geschichte erwartet Zuschauer:innen keine eins zu eins Kopie der Zeichentrickvorlage. Beispielsweise wird die Welt der Menschen deutlich klarer beschrieben. Handelte es sich im Zeichentrickfilm noch um ein fiktives Königreich, vermittelt die filmische Heimat von Prinz Eric im Jahr 2023 karibischen Flair.

Ursula: "Armes Kind! Du kannst in dieser Welt nicht leben, es sei denn, du wirst selbst ein Mensch."
Arielle: "Ist das denn möglich?"
Ursula: "Aha, das ist meine Lebensaufgabe!"

Zudem ist der Realfilm deutlich düsterer als die Version von 1989 - und das sowohl in der Handlung als auch der Bildsprache. Entsprechend fraglich war, welche Alters-Einstufung der Film erhalten würde. Während die FSK, die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, auf FluxFM-Anfrage aufgrund des noch laufenden Prüfverfahrens keine Altersfreigabe mitteilen konnte, bestätigte Disney eine Altersempfehlung ab 6 Jahren, um in die Welt der Tiefsee einzutauchen. (Stand 24.5.2023)

Halle Bailey und Jonah Hauer-King sind in den Hauptrollen der Arielle-Neuverfilmung zu sehen., © Disney

Halle Bailey, eine außergewöhnliche Meerjungfrau

Rötliche Haare, eine zauberhafte Stimme und viele fischige Freunde - Ariell ist auch im Jahr 2023 die kleine Meerjungfrau. Trotzdem wurden die Monate vor der Veröffentlichung von Diskussionen rund um die Auswahl von Schauspielerin und Musikerin Halle Bailey für die Rolle von Arielle begleitet.

Der Diskurs war wiederholt rassistisch geprägt. Es ging nicht um die schauspielerischen Qualitäten der 23-Jährigen, sondern darum, dass der schwarzen Bailey die ethnischen Voraussetzungen abgesprochen wurden, die Figur Arielle spielen zu können. Für Rob Marshall (Regisseur und Produzent) und John DeLuca (Produzent) war das aber nie ein Thema, wie sie im Gespräch mit FluxFM erklärten:

Rob Marshall: "Wir haben Hunderte von Frauen für die Rolle gesehen. Und am Ende des Tages mussten wir uns nicht wirklich entscheiden. Es war so offensichtlich, denn als Halle hereinkam, um für uns zu singen, war ihre Stimme so außergewöhnlich. Es war so bewegend, dass mir die Tränen kamen."
John DeLuca: "Das stimmt. Ich sah zu ihm rüber, und die Tränen flossen in Strömen, und ich sagte, er ist verliebt."
Rob Marshall: "Ich dachte nur, dass Arielle so viele Dinge sein muss. Stark und leidenschaftlich, aber auch verletzlich und irgendwie andersweltlich. Diese verrückte Kombination von Dingen und natürlich die Stimme. Und mit ihrer Arielle hat sie (gemeint Halle Bailey) die Messlatte so hoch gelegt, aber niemand hat sie je überschritten."
Darf auch 2023 nicht fehlen: Die Dingelhopper genannte Gabel., © Disney

Komponist Alan Menken: "Sie hat eine schöne Stimme."

Ein Lob, das auch der Komponist des Films teilt. Alan Menken, der bereits die Musik des Zeichentrickfilms komponiert hatte, war erneut an Board. Der achtfache Oscar-Preisträger, zwei davon erhielt Menken für seine Arbeit an der Vorlage, outete sich im FluxFM-Gespräch als Fan der Arielle-Darstellerin.

Alan Menken: "Sie hat eine schöne Stimme. Und so schön die Stimme ist, man will auch das Gesicht sehen. Dieses Gesicht ist...Oh mein Gott. Und wenn ich im Film die Kameraführung im Wasser sehe, während sie singt, bekomme ich Gänsehaut, wenn ich es nur sage. Es ist unglaublich."

Für Gänsehaut sorgt derweil auch die Musik, die der 73-jährige US-Amerikaner gemeinsam mit Lin-Manuel Miranda (u.a. Autor und Komponist des Musicals Hamilton) für den Film komponiert hat. Zwar klingt Arielle noch immer wie Arielle, wie Menken versichert, während er immer wieder Stücke des Films auf dem Klavier im Interview-Zimmer des Adlon Kempinski in Berlin spielt. Die Zusammenarbeit der beiden hat den Klang der Märchen-Verfilmung jedoch stilistisch ins Jahr 2023 geholt.

Neben dem Score, der die karibisch angehauchten Welt der Menschen aufgreift, gelingt dies vor allem mithilfe der neuen Songs im Film. Während nämlich ein Teil der 89er-Stücke aussortiert wurde - natürlich nicht Songs wie Part of my World oder Under the Sea, die neu eingesungen wurden -, wurde einzelne Tracks hinzugefügt, wobei speziell der Rap-Song The Scuttlebutt von Awkwafina und Daveed Diggs im Gedächtnis bleibt.

Alan Menken: "Ich gab ihm eine karibische Melodie vor und dachte, er würde sie vertonen. Und was er gemacht hat, er hat tatsächlich darüber gerappt. Und es war fantastisch. Ich konnte es nicht fassen. Man merkt der Nummer wirklich an, wie sehr Lin die kleine Meerjungfrau liebt."
© Disney

Fazit: Arielle bleibt Arielle - und sorgt für Tränchen

Ein diverserer Cast und moderne Musik treffen auf ein klassisches Disney-Märchen. Arielle, die Meerjungfrau gelingt etwas, woran sich andere Real-Adaptionen aus dem Hause Disney die Zähne auszubeißen wussten. Während diese oft gezielt versuchten, ihre Zeichentrickvorlage bis ins Detail zu kopieren, setzt die 2023er-Version neue (wenn auch nur kleine) Akzente, um die Welt zu erweitern. Letztendlich fühlt sich der Film dadurch runder an, als andere Neuverfilmungen. In Kombination mit Arielle-Darstellerin Halle Bailey, die schauspielerisch und musikalisch überzeugt, dem erneut großartigen Soundtrack und der Geschichte von Liebe, der Rebellion der Jugend und dem Drang neue Erfahrungen zu sammeln, die jede:r beim Zusehen mitfühlen kann, verdrückt man am Ende sogar das ein oder andere Tränchen.

Arielle, die Meerjungfrau startet am 25.5.2023 in den deutschen Kinos. Altersempfehlung ab 6 Jahren.