Jayda G - Guy

Im Leben der kanadische Produzentin Jayda G stapeln sich die Ereignisse. Neben Gigs auf den größten Festivalbühnen der Welt tritt sie als Gastjurorin bei der Show Glow Up: Britain's Next Make-Up Star auf. Zwischendrin arbeitet sie mit Künstler:innen wie Khruangbin, Mount Kimbie und Bon Iver an einer Installation über die Klimakrise. Dann folgt die Grammy-Nominierung für den Sommerhit des Coronajahres 2020 Both Of Us …

Der Terminkalender der 34-jährigen ist proppenvoll. Erst produziert sie Remixe für Taylor Swift und Dua Lipa, dann stürzt sie sich in ihr neues Album-Projekt Guy. Während sich Jayda G's erste Platte Significant Changes noch um Ökologie und den Klimawandel dreht, werden nun neue, nicht weniger schwere Themen, angeschnitten.

Mein erstes Album Significant Changes wurde stark beeinflusst von meiner Masterarbeit, die ich im Fach Naturressourcen und Umweltmanagement geschrieben habe. Die Phrase Significant Changes ist dabei am häufigsten Gefallen - und so wurde sie zum Namen der Platte. Naturwissenschaften waren schon immer ein wichtiges Thema in meinem Leben. Ich habe in diesem Sektor viel Zeit verbracht. Und so verschmolzen diese zwei Welten - die Musik und die Wissenschaft - für einige Jahre miteinander. Doch die neue Platte nimmt Abstand von diesem Thema. Sie beschäftigt sich mit meinem Vater, der starb, als ich noch sehr jung war. Weil er wusste, dass er sterben würde, hat er all diese Tapes über sein Leben für mich und meine Geschwister hinterlassen. Sie wurden zur Basis für dieses Album.

Die Audioaufnahmen ihres Vaters bilden das Fundament der Platte. Sehr behutsam nimmt Guy die Perspektive des jungen afroamerikanischen Mannes ein, verleiht seiner Geschichte Song für Song mehr Form.

Die Platte erzählt von seiner Einberufung in den Vietnamkrieg, den Unruhen von 1968 und seinen Erfahrungen mit Polizeigewalt.

Neben den Schnappschüssen ihres Vaters stehen auf Guy Jayda G's Stimme und ihre Lyrics stark im Fokus. Zwar ist die Platte gespickt mit ikonischen Houseproduktionen, doch R'n'B- und Souleinflüsse nehmen zu. Dazu gesellt sich lupenreines Pop-Songwriting, das diese Platte trotz schwerer Themen so tanzbar macht. 

Keaton Henson - House Party

Keaton Henson ist ein unglaublich introvertierter Musiker. Aufmerksamkeit ist für den Briten mehr als unangenehm. Auf seinem neuen Album House Party zeigt sich Keaton aber von einer ganz anderen Seite. Er wird zum Schauspieler, nimmt die Rolle einer alternativen Version von sich selbst ein.

Die alternative Version ist ein erfolgssüchtiger, aber persönlich gescheiterter Musiker. Um den zu verkörpern, begibt sich Keaton Henson raus aus seiner Komfortzone. Der Social Media scheue Musiker rührt auf Instagram die Promotrommel. Etwas was er sonst gar nicht macht. Seine neuen Songs klingen ungewohnt selbstsicher - zumindest beim ersten hinhören.

Beim zweiten hören fällt auf: Der Charakter auf dem Album ist einsam und voller Neid. Er scheitert daran sich hinter einer Maske des Erfolgs zu verstecken. Da helfen auch keine Hooks oder Gitarrensoli - etwas auf das der echte Keaton normalerweise verzichtet. Hinter der Fassade des bunten Covers von House Party finden sich ambivalente Songs wieder. Mal ein bisschen trist, mal ein bisschen glücklich.

freekind.

Wo finden wir heutzutage noch richtig Ruhe, null Ablenkung, das Gefühl des nur bei sich seins? Jetzt kommt keine Werbung für Yoga Retreats - es geht auch a) günstiger und b) schwungvoller. Das Duo freekind. stellt sich die gleichen Fragen, und beantwortet sie auf ihrem Debütalbum Since Always And Forever gleich in zwölffacher Ausführung. Nett von ihnen!

Die beiden Musikerinnen aus Kroatien und Slowenien lernen sich in Graz auf der Musikschule kennen. Jazz und ihre Soul-Sozialisationen verbinden sie. Damit alles nicht zu sehr nach Bill Withers klingt, fließen Pop und Rap-Elemente ein - schaffen einen Sound, der so viel voller klingt, als man es von einem Duo erwarten würde.

Lyrisch stellen sie sich der Frage, wie sich in einer so schnelllebigen Welt Ruhe finden lässt und verpacken ihre Erfahrungen in Songtexte, die stellenweise zwar ein bisschen corny klingen - aber mit dem entspannten Grundgerüst im Rücken fühlt sich Since Always And Forever an, wie der schwebend-traumwandlerische Nachhauseweg von einer 90-minuten Ganzkörpermassage.

"Frisch gepresst"-Historie: