Frisch gepresst - mit Bakar, Sirens Of Lesbos, CHAI und Dottie Andersson

Frisch gepresst - mit Bakar, Sirens Of Lesbos, CHAI und Dottie Andersson

22.09.2023

Bakar - Halo

Rezension Bakar

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Halo. Jap, genau so heißt es, das neue Album des britischen Durchstarters Bakar. 2021 sorgt er mit seinem Debütalbum für ein mittelschweres Beben im Indie-Zirkus, jetzt schiebt er Halo nach. Und zeigt damit vor allem, wie vielseitig Pop gedacht werden kann, wenn man Scheuklappen ablegt und Dinge einfach passieren lässt.

Mit Einflüssen aus Soul und Jazz dreht er Songs wie Facts_Situations in eine nostalgisch anmutende Richtung, mit Nummern wie All Night hingegen bringt er feelgood gute Laune Pop unters Volk.

Die Lyrics sind immer einen Hauch existenzialistisch, aber so wunderbar schnodderig hingerotzt, dass keine bedrückende Stimmung aufkommt. Ein bisschen Coming of Age, ein bisschen nonsense und dann wieder überraschend introvertiert und reflektiert, wenn er über den Hype der letzten zwei Jahre und die Folgen für sein Privatleben singt.

Den Druck des schwierigen zweiten Albums ist Bakar nicht anzumerken. Im Gegenteil - die Songs haben musikalische und inhaltliche Tiefe und trotzdem genügend Weite und Verspieltheit, dass man für sehr lange Zeit sehr viel Freude an HALO haben wird.

(Autor: Daniel Meinel)

Sirens Of Lesbos - Peace

Rezension Sirens Of Lesbos

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Zehn Jahre ist es her, da produzieren in einem kleinen Berner Studio die Freunde Arci Friede und Melvyn Buss House,- und Popmusik wie am Laufband. Auf Anfrage liefern sie professionelle Produktionen. Dennoch, der Sprung auf#s internationale Musik-Parkett bleibt aus. Also schmieden die beiden einen Plan: Sie wollen einen Ibiza-Clubtrack machen, damit reich und berühmt werden. Sie texten einen Song, der alle Sommerhit-Klischees erfüllt - und nennen ihn Long Days, Hot Nights.

Und tatsächlich, der Track wird zum internationalen Hit. Wenig später kommt ein Major-Label auf Friede und Buss zu. Als Sirens of Lesbos kommen sie unter Vertrag. Dann jedoch die Ernüchterung. Was so verheißungsvoll klang, entpuppt sich für die zwei als unbefriedigender Reinfall. Sie wollen Musik machen, die zu ihnen passt. Ihr millionenfach gestreamtes One Hit Wonder ist davon weit entfernt. Also wird von vorn begonnen und ehrliche Musik fürs kleine Publikum gemacht. Nun erscheint das zweite Album von Sirens of Lesbos "2.0." - ganz nach ihrem Gusto.

Peace heißt die zweite Platte von Sirens of Lesbos - inzwischen eine 5-köpfige Band mit zwei Sängerinnen und einer künstlerischen Leitung. Gemeinsam haben sie zu einem unverwechselbaren Worldbeat-Sound gefunden, gespickt mit genreübergreifenden Pop-,Soul- und Hip-Hop-Elementen. Im Gegensatz zu ihrem Erstlingsalbum Sol werden die fünf nun auch von allerlei Feature-Gästen unterstützt. Mit dabei: Der US-amerikanischer Rapper Erick The Architect.

Während Erick von der Qual materiellen Verlangens rappt, dreht es sich in den Folge-Tracks auch immer wieder um Mutter Natur. Am deutlichsten wird die Sorge der Band um unseren Planeten im Cover des 1993er Friedenssongs Sweet Harmon.

Damit verkörpert die Platte das, was der Titel verheißt. Peace ist ein zuversichtliches Protest-Album, von einer Band, die sich vom Kommerz abgewandt hat. Mit einem Meer an Featuregästen verbreitet Sirens Of Lesbos die simple Message: Gemeinsam sind wir stärker.

(Autorin: Mathilda Schiller)

CHAI - CHAI

Rezension CHAI

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"Ich bin niemand außer ich selbst". Mit dieser Aussage und ihrer neuen, selbstbenannten Platte rebellieren CHAI gegen toxische Schönheitsstandards. Denn die Band findet: Jede Frau ist von Geburt an schön und kawaii (das japanische Wort für "süß"). Passend dazu der Track des Vierergespanns: NEO KAWAII, K?

Die Songs des vierten Albums sind wie ein Blick durch ein Kaleidoskop. Man hört 70er Jahre Disco Sounds, Garage-Rock, R'n'B und Glitzer Pop-Momente. Elementar sind aber vor allem die City Pop-Einflüsse - die japanische Antwort in den 70er und 80er-Jahren auf westliche Loungemusik.

Über den verzwirbelten und wilden Instrumentals liegen mantra- und cheerleader-artige Vocals. Die sind nicht immer harmonisch und erinnern teilweise an Stimmübungen. Und doch ist es nur konsequent, auch mit dem Gesang wunderbar weird zu werden. CHAI ist Punk. CHAI ist Kunst. CHAI ist Chaos im positiven Sinne.

(Autor: Jonathan Lüders)

Dottie Andersson - Drinking Gasoline EP

Rezension Dottie Andersson

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Früher spielt Dottie Andersson gemeinsam mit ihren drei jüngeren Schwestern in einer Band. Menschen unter 40 denken bei der Zusammensetzung zum Glück mittlerweile eher an Haim als an die Kelly Family. Nach dem Schlagzeugstudium startet sie ihr Soloprojekt - jetzt erscheint die Debüt-EP Drinking Gasoline.

Der Alternative-Pop der Schwedin ist von Phoebe Bridgers genauso beeinflusst wie von Caroline Polachek oder Holly Humberstone. Die Songstrukturen sind catchy, gefällig, auf den Punkt und ohne viel Schnick Schnack: der Stoff aus dem Radiohits gemacht sind.

Dann leisten die fünf Songs das, was das EP-Format so stark macht: einen Abriss der ganzen Bandbreite zu zeigen. Und man merkt, da schlummert einiges an verborgenem Talent in ihr, das bereit ist ans Tageslicht zu treten.

(Autor: Daniel Meinel)

"Frisch gepresst"-Historie: