40 Jahre Musik, Bewegung und Momente

Wenn sich im Januar die graue Winterkälte über Groningen legt, wird die niederländische Stadt buchstäblich von Musik aufgewärmt. Seit vier Jahrzehnten verwandelt das Eurosonic Noorderslag (ESNS) den Norden der Niederlande in das pulsierende Zentrum der europäischen Musiklandschaft. Zum 40. Jubiläum präsentiert sich das Festival größer, vielfältiger und internationaler denn je – ein perfekter Anlass für unsere große Radiosondersendung, in der wir tief in das Festivalgeschehen eintauchen, die spannendsten Newcomer vorstellen und der Frage nachgehen, warum Showcasefestivals wie ESNS heute wichtiger sind als jemals zuvor.
Und natürlich richten wir dabei den Blick auch auf den Music Moves Europe Award, eine der bedeutendsten Auszeichnungen für europäische Nachwuchskünstler*innen.

Vier Tage, die das Jahr prägen – und manchmal Karrieren verändern

Für viele im Musikbusiness beginnt das Jahr nicht mit Silvester, sondern mit ESNS. Vom ersten Moment an war das Festival als Plattform gedacht, die neuen europäischen Stimmen Gehör verschafft – und das Konzept ist über die Jahre nur relevanter geworden. Heute umfasst ESNS mehrere hundert Konzerte, aufgeteilt in das internationale Eurosonic-Programm und das rein niederländische Noorderslag, dazu eine riesige Konferenz, Panels, Workshops und Networking-Events.

Über die Jahrzehnte wurde ESNS damit zu einer unverzichtbaren Institution für alle, die an Musik im weitesten Sinne arbeiten:
Labels, Bookingagenturen, Medienhäuser, Festivalbooker, Manager und Promoter ebenso wie die Künstler*innen selbst.

Der wahre Zauber von ESNS entsteht dort, wo Nachwuchsbands plötzlich vor einem Publikum aus Branchenprofis stehen – und genau in diesen Momenten die Türen zu Karrieren aufgehen. Stars wie Alt-J, Aurora, Dua Lipa, Fontaines D.C., Stromae oder Selah Sue spielten ihre ersten internationalen Shows genau hier.

Warum ESNS 2025 ein besonderes Jahr feiert

Mit seinem 40. Jubiläum blickt ESNS auf eine Geschichte zurück, die eng mit der Entwicklung der europäischen Popmusik verknüpft ist. Was als regionale Plattform begann, wuchs zu einem europäischen Leuchtturmprojekt, das kulturelle Vielfalt, Innovation und Nachhaltigkeit in der Musikbranche fördert.

Micha Gehrig und Daniel Meinel nehmen gemeinsam zehn zu empfehlende Acts unter die Lupe und schauen sich ebenfalls einen der wichtigsten Newcomerpreise Europas an.

Der Music Moves Europe Award – Ein Kompass für neue europäische Musik

Ein zentrales Highlight des Festivals ist seit vielen Jahren die Verleihung des Music Moves Europe Award (MME Award), der von der Europäischen Union unterstützt wird. Dieser Preis ist weit mehr als eine Trophäe: Er versteht sich als politisches und kulturelles Statement, das die Bedeutung junger Künstler*innen in einem vielfältigen Europa betont.
Gewinner erhalten nicht nur finanzielle Förderung, sondern auch Zugang zu professionellen Development-Programmen, Coaching-Angeboten und einer europaweiten Sichtbarkeit, die gerade in Zeiten eines übervollen Musikmarktes unbezahlbar ist.

Für viele Acts war der MME Award das Zünglein an der Waage, das aus einer nationalen Hoffnung einen internationalen Shootingstar gemacht hat.
In unserer Sendung beleuchten wir, wie der Award funktioniert, welche Acts in der Vergangenheit besonders profitiert haben und warum die diesjährigen Nominierten so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen

Showcasefestivals: Warum Bühnen wie ESNS für Nachwuchs unverzichtbar sind

Showcasefestivals sind keine gewöhnlichen Festivals – sie sind Motoren einer Szene, Testfeld, Frühwarnsystem und Talentlabor in einem.
Anstatt gestandene Weltstars zu präsentieren, richten sie den Fokus bewusst auf junge, oft noch unbekannte Künstler*innen, die ihre Musik in einem professionellen Umfeld präsentieren möchten. Und während ein „normales“ Festival Fans unterhält, möchte ein Showcasefestival vermitteln, verbinden und Sichtbarkeit schaffen.

Früherkennung neuer Trends und Sounds

Branchenprofis reisen quer durch Europa, um zu hören, was musikalisch als Nächstes kommt. Nicht selten entstehen dabei die ersten wichtigen Deals des Jahres.

Netzwerken und internationale Zusammenarbeit
Für viele Künstlerinnen ist es das erste Mal, dass sie vor internationalem Fachpublikum spielen. Kontakte zu Bookerinnen, Festivalveranstalter*innen oder Labels entstehen oft genau hier. Konferenzen, Panels und Workshops liefern Einblicke in Themen wie KI in der Musik, Fair Pay, nachhaltige Tourgestaltung, Social Media, Vermarktung oder Musikpolitik. Gerade in einer Zeit, in der sich die Musikwelt enorm schnell verändert – Stichwort TikTok-Pop, Independent-Strategien, veränderte Tourökonomie – sind diese Orte entscheidend, um Orientierung zu gewinnen.

Zum 40. Geburtstag blickt ESNS nicht nur zurück. Die eigentliche Stärke dieses Festivals liegt stets darin, nach vorn zu schauen:
auf die nächste Stimme, den nächsten Sound, das nächste Kapitel europäischer Musikkultur.
Unsere Sendung begleitet dieses Jubiläum mit einem wachen Blick dafür, wie wichtig solche Plattformen für die Zukunft der Musik sind – und warum sie uns allen helfen, ein Europa zu erleben, das nicht nur politisch, sondern auch künstlerisch zusammenwächst.

Im Radio: 14. Dezember 2025