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Der letzte Mauertote – Die tragische Ballonflucht des Winfried Freudenberg | Berliner Schnipsel

Ein Ballon aus Folien, ein eisiger Himmel, ein letzter Versuch der Freiheit.

09.11.2025 Matti Geyer

Zum Jahrestag des Mauerfalls erzählt FluxFM-Redakteur und Stadtführer Matti Geyer eine unfassbare, wahre Geschichte: die letzte Flucht über die Berliner Mauer – im selbstgebauten Ballon.

Anfang 1989 scheint die Berliner Mauer unüberwindbar – und doch wagen noch immer Menschen die Flucht. Unter ihnen: Winfried und Sabine Freudenberg. Das Ehepaar zieht eigens aus dem Harz nach Ostberlin, um näher an die Grenze und an das Ziel ihrer Freiheit zu gelangen. Winfried, ein Ingenieur für Gasversorgung, findet Arbeit im Energiekombinat – und damit auch Zugang zu Materialien, die sonst streng kontrolliert sind.

Über Wochen kaufen sie unauffällig Polyäthylenfolien in kleinen Mengen – in verschiedenen Geschäften, um keinen Verdacht zu erregen. Daraus bauen sie in mühevoller Kleinarbeit einen Ballon, groß genug, um sie beide zu tragen. Ihr Plan: eine nächtliche Flucht über die Mauer – hoch über den Todesstreifen hinweg.

Am 7. März 1989 ist es soweit. Der Wind steht günstig. In der Dunkelheit fahren sie zu einer Reglerstation in Pankow. Dort beginnt Winfried, den Ballon mit Gas zu füllen. Doch gegen 2 Uhr morgens werden sie entdeckt – ein Passant alarmiert die Polizei. In letzter Sekunde entscheiden sie, dass Winfried allein fliegen soll, da der Ballon noch nicht genug Auftrieb für zwei Menschen hat.

Kurz nach dem Start streift der Ballon eine Oberleitung, Funken sprühen, der Strom fällt aus. Doch die Volkspolizei zögert – sie wagt nicht zu schießen, aus Angst vor einer Explosion. Der Ballon steigt und steigt. Winfried ist zu leicht, der Ballon schießt in die Höhe, über 2000 Meter. Stundenlang kämpft er in eisiger Kälte um sein Leben, bis er gegen 7:30 Uhr morgens in Berlin-Zehlendorf abstürzt.

Winfried Freudenberg stirbt noch am Ort seines Aufpralls – im Westen, aber nicht in Freiheit. Sein Ballon landet leer wenige hundert Meter entfernt. Er gilt als das letzte Opfer der Berliner Mauer, acht Monate bevor sie fällt.