FluxFM Berliner Schnipsel
Wir holen Berlins Vergangenheit ins Hier und Jetzt.

in Hut, ein Bauch, eine Idee – und ein Siegeszug von Berlin in die Welt.
25.11.2025 Matti Geyer
FluxFM-Redakteur und Berlin-Stadtführer Matti Geyer erzählt die Geschichte des Ampelmännchens:
In der DDR wurden zwar weder die Fußgängerampel noch die Idee des Ampelmanns erfunden – aber das vermutlich bekannteste Ampelmännchen der Welt. Geschaffen hat es der Verkehrspsychologe Karl Peglau, der 1961 vorschlug, den Fußverkehr im Osten mit eigenen Ampeln besser zu schützen. Als Psychologe wusste er: Eine Figur, mit der man sich identifizieren kann, erhöht die Bereitschaft, sich an Regeln zu halten. Vor allem Kinder wollte er erreichen.
Also entwarf Peglau sein Ampelmännchen bewusst sympathisch – mit kleinem Bauch, Stupsnase und klar erkennbarer Körpersilhouette. Die größere Fläche machte es besser sichtbar als die dünnen Männchen in Westdeutschland. Und ein Detail hat bis heute Kultstatus: der Hut. Inspiriert wurde Peglau, als er Erich Honecker mit Strohhut im Fernsehen sah – also bekam auch das Ampelmännchen einen.
An seinen ersten Entwürfen nahm jedoch noch jemand Feinschliff vor: Peglaus Sekretärin überarbeitete die finalen Figuren. Und selbst da war noch nicht Schluss. Die DDR-Führung forderte Änderungen: Die Finger der Figuren mussten weg – zu kompliziert für die Produktion. Und die Laufrichtung des grünen Männchens sollte nach links zeigen, „in Richtung Sozialismus“. Nur in Souvenirläden sieht man heute noch den Original-Entwurf, in dem das grüne Ampelmännchen nach rechts läuft.
Peglau gab seinen beiden Figuren sogar Namen: Stoppi (rot) und Galoppo (grün). 1969 wurden sie erstmals an der Kreuzung Unter den Linden / Friedrichstraße montiert – genau dort, wo heute einer der bekannten Ampelmann-Shops steht.
Nach der Wende verschwanden die Ost-Ampelmännchen zunächst aus dem Stadtbild. Alles, was an die DDR erinnerte, sollte verschwinden. Doch es regten sich Proteste gegen diesen Verlust eines liebevollen Kultsymbols. Schließlich war es ausgerechnet ein Westdeutscher, der das Ampelmännchen rettete. Er machte daraus ein Merchandising-Wunder – von Tassen über T-Shirts bis hin zu kompletten Shops. Aus dem Symbol des Sozialismus wurde ein gefeierter Star des Kapitalismus.
Heute leuchtet das Ost-Ampelmännchen nicht nur wieder in Ostberlin, sondern mittlerweile auch in Westberlin, in Bremen, Kassel, Offenbach und Lübeck. Und damit hat es geschafft, was viele Symbole nicht überleben: den Systemwechsel, die Wiedervereinigung – und die Herzen der Menschen.